IG Metall Nordhessen: Startschuss zur Transformation

“So eine Veranstaltung brauchen wir öfter”, kam die Aufforderung gestern am 06.10. von einem Teilnehmer der IG Metall-Veranstaltung in der Baunataler Stadthalle. Die war (coronabedingt nur) mit ca. 70 teilnehmenden Betriebsräten*innen gut besetzt. “Transformation und Veränderung” hieß das Thema, mit dem sich die Teilnehmenden in den drei Foren “Digitalisierung”, “E-Mobilität” und “Decarbonisierung/Energiewende/nachhaltiges Wirtschaften” auseinandersetzten. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, dem ehrgeizigen Pariser Klimaabkommen sowie der klimapolitischen Dümpelei der Wirtschaft und der aktuellen Bundesregierung war der 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Nordhessen, Oliver Dietzel, sichtlich bemüht, Optimismus zu verbreiten: Wir haben die Chance, mit der industriepolitischen Bewältigung des Klimawandels mehr Arbeitsplätze zu gewinnen als wir vorher hatten, so Dietzel sinngemäß. Davon waren einige Teilnehmende nicht ganz so überzeugt.

Vor allem im Forum E-Mobilität wurde es teilweise heftig. Die gut vorbereiteten Referenten Maik Grundmann (IG Metall Frankfurt/M.) und Christian Wetekam (BR Volkswagen) konnten bei den skeptischen Fragen einiger Kollegen*innen kaum widersprechen: “Wo soll die Ladeinfrastruktur bis 2030 für Wohngebiete und Mietshäuser herkommen?” “Wie können sich Klein- und Mittelverdiener ein E-Auto leisten?” “Wie soll in so kurzer Zeit die Kohleverstromung durch Erneuerbare ersetzt werden?” Oder allgemeiner: “Die Politik hat in der Frage der Transformation bislang völlig versagt.” Doch die für die Beschäftigten in der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer alles entscheidende Frage nämlich, welche Arbeitsplätze in welchem Umfang die künftig wegfallende Beschäftigung ersetzen können, blieb in dieser Veranstaltung unbeantwortet. Für Europa ist nach Auskunft der Referenten mit einem Arbeitplatzverlust von ca. 100.000 (Incl. Produktivitätssteigerung) zu rechnen. Was heißt das für die Region Nordhessen? Wie hoch ist hier das Risikopotenzial des Arbeitsplatzverlustes bei der Dominanz von ca. 50% der Arbeitnehmer*innen in der Mobilitätswirtschaft? Mit welchen alternativen Arbeitsplätzen ist in der Industrie und im Dienstleistungsbereich zu rechnen? Wie können die Beschäftigten darauf vorbereitet werden? Und: Wo sollen später die Kinder und Enkelkinder der Beschäftigten arbeiten? Sämtlich offene Fragen, die die Gewerkschaften nicht allein werden beantworten können. Hierzu braucht es die Zusammenarbeit aus Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmervertretungen. Eine Zusammenarbeit, die keine Zeit zu verlieren hat, wenn man bedenkt, dass das Land 2045 klimaneutral sein will.

Die IG Metall in Nordhessen wird dabei ihren Beitrag leisten. Sie plant ab dem Jahr 2022 weitere vierteljährliche Diskussionsformate, die sich mit diesen drängenden Fragen beschäftigen werden. Dazu passt die Forderung von Jenny Huschke (DGB Regionalgeschäftsführerin) nach Einrichtung von Transformationsbeiräten, die den Umbauprozess der regionalen Wirtschaft begleiten und steuern sollen. Damit und den weiteren Veranstaltungen müsste denn auch der eingangs erwähnten Forderung nach mehr Diskussion und vor allem Handlungsperspektiven für die Beschäftigten und den Gewerkschaften Rechnung getragen werden.

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