Untersuchungsausschuss Walter Lübcke: 1 Schritt vor, 2 zurück

Im Rahmen der verdienstvollen Veranstaltungsreihe NDRS=Nach dem Rechten Sehen organisierte die Initiative NACHGEFRAGT e.V. eine Diskussionsrunde (Moderation: Lotte Laloire, Response) zur Arbeit des hessischen parlamentarischen Untersuchungsausschusses (UNA) zur Aufklärung der Hintergründe des Mordes an Walter Lübcke. Als (stv.) Mitglieder des Untersuchungsausschusses waren anwesend Nancy Faeser, SPD-Fraktionsvorsitzende im hessisches Landtag, Hermann Schaus, Die LINKE, stv. Ausschussvorsitzender sowie als Diskutanten*innen Sonja Brasch (NSU-Watch) und Gerald Warnke, Mitautor einer Untersuchung zu “neofaschistischen Akteuren und Netzwerken in Nordhessen”. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Bitte mehr solche Veranstaltungen, die am Do. 10.09. (coronabedingt) leider nur ca. 25 Besucher zuließ. Mehr deshalb, weil wir eine radikale Aufklärung zu dem Mord an Walter Lübcke brauchen. Eine radikale Transparenz zu dem Mord braucht es, um die Hintergründe der Nazi-Netzwerke in Kassel und Nordhessen offen und letztlich den Nazisumpf trocken zu legen. Und endlich Schluß zu machen, mit der ständig wiederholten These der “Einzeltäterschaft” bei rechten politischen Morden und anderen Straftaten. Zu dieser Aufklärung und Transparenz soll, insbesondere bezogen auf die Rolle der Behörden wie den Verfassungsschutz, der Polizei und nicht zuletzt der Politik der Landesregierung, der UNA beitragen. Angesichts der Kompetenz und dem erkennbaren Aufklärungswillen der anwesenden Mitglieder des UNA dürfte sich die (vermutete) Skepsis einiger Zuhörer (zumindest von mir) relativiert haben.

Aber: CDU und Grüne haben lange gezaudert, um sich an einem “UNA Lübcke” zu beteiligen. “Wir hätten diesen Ausschuss nicht gebraucht”, äußerte noch im Juni die CDU-Fraktionsvorsitzende Claus im Landtag . Der Ausschuss soll politisch einen Mord aufklären, was nach dem Willen der Fraktionsvorsitzenden offenbar nicht nötig gewesen wäre. Zur Erinnerung: Walter Lübcke war jahrelang CDU-Abgeordneter in dieser Fraktion. Immerhin, jetzt gibt es den Ausschuss mit der CDU, den Grünen, der SPD, der FDP und der AfD (bin gespannt, ob diese zur Aufklärung beitragen werden). Ein Schritt vor.

Zur Aufklärung braucht es Akten der Ministerien und der nachgeordneten Behörden, nicht zuletzt der Justiz. Diese Justiz, namentlich das Oberlandesgericht Frankfurt/M., das aktuell das Verfahren gegen den mutmaßlichen Mörder führt, gibt keine Akten frei und der zuständige Generalbundesanwalt ebenfalls nicht. Begründung: Der UNA kann die Vertraulichkeit der Akten nicht gewährleisten. Zur Erinnerung: Wir sprechen hier von einem frei gewählten deutschen Parlament, dessen Arbeit von der Justiz blockiert und dessen Korrektheit in Zweifel gezogen wird. Ein Schritt zurück.

Nancy Faeser und Hermann Schaus auf der Veranstaltung
Nancy Faeser und Hermann Schaus auf der Veranstaltung

Der UNA braucht aber nicht nur Akten, er braucht weitere Recherchen, Zeugenvernehmungen und er braucht vor allem Öffentlichkeit, um den Druck zur Aufklärung und Transparenz weiter aufrecht zu erhalten. Diese Aufgabe kommt vor allem den zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Presse zu. Dazu muss die Öffentlichkeit als Gast Zugang zu den Sitzungen des UNA erhalten. Diesen Zugang erhalten sie z.Zt. nicht, weil der Landtagspräsident Boris Rhein, CDU, eine Besuchssperre des Landtags für Gäste zum Schutz vor Covid-19-Infektionen verhängt hat. Kein Zugang, keine Öffentlichkeit, kein Druck, keine Transparenz: Zweiter Schritt zurück.

Hermann Schaus (Die LINKE) hat nun eine praktische Initiative zum Streamen der Ausschusssitzungen vorgeschlagen. Das ist in anderen Ländern bei Parlaments- und Ausschusssitzungen gang und gäbe. An dem Zugang zu den Ausschusssitzungen sowie der Aktenfreigabe wird sich zeigen, wie groß der Wille zur Aufklärung bei den hessischen Behörden und den Parlamentsmehrheiten vorhanden ist.

An dieser Stelle wird weiter zu dem Thema berichtet werden.

 

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